Kartellrecht KVR 77/13 - Kartellverfahren wegen überhöhter Wasserpreise

  • BGH bestätigt weitläufige Befugnisse der Landeskartellbehörden bei Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Wasserpreise

    Der BGH hat sich mit einem kartellrechtlichen Missbrauchsverfahren gegen die Energie Calw GmbH wegen überhöhter Wasserpreise befasst. Die zuständige Landeskartellbehörde hat der Betroffenen aufgegeben, unter Beibehaltung des aktuellen Grundpreises für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 allen Tarifkunden einen Nettopreis von nicht mehr als 1,82 € statt zuvor 2,79 € je Kubikmeter Wasser zu berechnen und ihnen im Falle einer bereits erfolgten Endabrechnung die Differenz zu erstatten.


    Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Oberlandesgericht Stuttgart die Verfügung wegen grundlegender Bedenken gegen die von der Landeskartellbehörde gewählte Kontrollmethode aufgehoben. Der BGH hat diese Entscheidung mit Beschluss vom 15. Mai 2012 – KVR 51/11 ebenfalls aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Dabei hat der Kartellsenat ausgeführt, ein Preishöhenmissbrauch im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB könne nicht nur aufgrund einer Vergleichsmarktbetrachtung festgestellt, sondern auch dadurch ermittelt werden, dass die Preisbildungsfaktoren überprüft würden.


    Das OLG hat die Verfügung der Landeskartellbehörde daraufhin mit Beschluss vom 5. September 2013 erneut insgesamt aufgehoben und die Sache an die Landeskartellbehörde zurückverwiesen. Es ist davon ausgegangen, dass die Vorgaben der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung zwar eine zulässige und tragfähige Einstiegsgröße zur gebotenen Preismissbrauchskontrolle darstellten, dass sie aber, wenn man sich dafür entscheiden würde, als geschlossenes System insgesamt angewendet werden müssten, was die Landeskartellbehörde nicht getan habe. Im Übrigen hat das Beschwerdegericht verschiedene Kürzungen in der Kostenkalkulation der Landeskartellbehörde beanstandet.


    Der BGH hat auf die Rechtsbeschwerde der Landeskartellbehörde auch den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 5. September 2013 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Er hat entschieden, dass das OLG nicht berechtigt ist, die angefochtene Verfügung vollständig aufzuheben, wenn sich diese nur teilweise als rechtswidrig erweist. Das OLG hätte unter dieser Voraussetzung vielmehr nur den für rechtswidrig erkannten Teil der Verfügung aufheben dürfen und im Übrigen die Beschwerde zurückweisen müssen.


    Im weiteren Verfahren vor dem OLG wird es u.a. wieder um den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt der Kostenkontrolle gehen. Der Bundesgerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die Kartellbehörde bei einer Preismissbrauchskontrolle anhand der Preisbildungsfaktoren auf die einschlägigen und gegebenenfalls weiterzuentwickelnden ökonomischen Theorien zurückgreifen könne. Der Begriff der "ökonomischen Theorien" sei dabei weit zu verstehen und umfasse auch die Grundsätze der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung. Anders als vom Beschwerdegericht angenommen bestehe jedoch keine Bindung an diese Verordnungen in dem Sinne, dass sie entweder ganz oder gar nicht berücksichtigt werden dürften. Vielmehr müsse die Tragfähigkeit aller von der Kartellbehörde angewandter Methoden der Kostenkontrolle je für sich überprüft werden.


    Weiter hat der Kartellsenat Ausführungen zur Beweislast gemacht. Zwar herrsche im Kartell-Verwaltungsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Das betroffene Unternehmen habe jedoch Mitwirkungspflichten. Wenn es diese verletze, könne dies im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu seinen Lasten Berücksichtigung finden.


    Der Kartellsenat hat ein Einschreiten der Kartellbehörde anders als das Beschwerdegericht, das die Grenze bei 7,5 % gesehen hat, schon dann für möglich gehalten, wenn die Preise um 3 % überhöht sind.


    Beschluss vom 14. Juli 2015 - KVR 77/13 - BGH PM 121/2015

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