Die beklagte ARGE hatte die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) versagt, weil sich der Betroffene weigerte, eine Kontenübersicht und Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen. Der Kläger hält das Verlangen der Arge München für unangemessen und unverhältnismäßig, weil er zuvor bereits über 13 Monate Leistungen erhalten und in seinem Fortzahlungsantrag angegeben habe, in den Vermögens- und Einkommensverhältnissen habe sich keine Änderung ergeben. Bestünden keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, so sei die Forderung nach Vorlage von Kontoauszügen unverhältnismäßig. Zudem werde er hierdurch in seinen Rechten auf Sozialdatenschutz verletzt.
Das Bundessozialgericht hat nun (B 14 AS 45/07 R, Entscheidung vom 19.09.2008) entschieden, dass die Arge berechtigt war, dem Betroffenen ab 1. Februar 2006 Alg II wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. Es gibt eine grundsätzliche Pflicht zur Vorlage der Kontoauszüge, einer Kontenübersicht und der Lohnsteuerkarte (§ 60 I Nr 3 SGB I).
Hiernach hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. Die allgemeinen Mitwirkungspflichten gelten grundsätzlich auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Die von der Beklagten geforderten Vorlagepflichten waren auch nicht durch § 65 SGB I eingeschränkt, der Grenzen der Mitwirkungspflicht aufzeigt. Insbesondere kann die Beklagte nicht darauf verwiesen werden, nur im Rahmen eines (Erst-) Antrags die Vorlage von Kontoauszügen etc zu fordern. Eine solche Aufforderung kann auch - wie hier - bei Stellung eines Folgeantrags erfolgen. Ebenso wenig ist die Vorlagepflicht auf konkrete Verdachtsfälle beschränkt. Hinsichtlich der zeitlichen Erstreckung war die Vorlage von Kontoauszügen jedenfalls der letzten drei Monate nicht unverhältnismäßig.
Die Vorlagepflicht wird auch durch die Regelungen des Sozialdatenschutzes nicht grundsätzlich eingeschränkt. Die Erhebung von geschützten Sozialdaten ist zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist. Die Vorlage der Kontoauszüge und einer Kontenübersicht ist erforderlich, um die Anspruchsvoraussetzungen für ALG II zu ermitteln und zu überprüfen. Im Einzelfall kann allerdings zweifelhaft sein, ob die Erhebung besonderer Arten personenbezogener Daten für die Erfüllung der Aufgaben des Grundsicherungsträgers erforderlich ist. Hierzu zählen Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit oder Sexualleben.
Dies betrifft aber nur die Ausgabenseite (Sollstellung) der Kontenbewegungen. Während die Einnahmen jeweils unbegrenzt aus den Kontoauszügen hervorgehen müssen, räumen die Regelungen des Sozialdatenschutzes (§ 67 Abs 12 iVm § 67a Abs 1 SGB X) dem ALG II Empfänger die Möglichkeit ein, auf der Ausgabenseite die Empfänger von Zahlungen zu schwärzen oder unkenntlich zu machen, wenn diese Zahlungen besondere personenbezogene Daten betreffen (etwa Beiträge für Gewerkschaften, politische Parteien, Religionsgemeinschaften etc). Die überwiesenen Beträge müssen aber auch in diesen Fällen für den Grundsicherungsträger erkennbar bleiben. Die Regelungen über den Sozialdatenschutz in den §§ 67 ff SGB X greifen auch nicht in das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung ein.
Der Grundsicherungsträger ist grundsätzlich gehalten, in seinen Mitwirkungsaufforderungen auf die aufgezeigten Möglichkeiten der Schwärzung von Angaben zu Zahlungsempfängern hinzuweisen. Im vorliegenden Fall kann aber dahinstehen, ob ein unterlassener Hinweis die Aufforderung bereits rechtswidrig macht, denn der Kläger hat sich von vorneherein und prinzipiell geweigert, überhaupt Kontoauszüge vorzulegen bzw mitzuwirken.
Quelle: PM 45/08 BSG