Sozialrecht B 8 SO 1/21 R - Kosten für Ersatzbeschaffung einer Waschmaschine aus Sozialhilfe anzusparen?

  • Sind die Kosten für die Neuanschaffung größerer Haushaltsgeräte (sog. „weiße Ware“) nach einem Verschleiß des Altgeräts im Regelsatz enthalten und anzusparen oder können Sozialhilfeempfänger dafür zusätzlich Geld in Form eines einmaligen Zuschusses erhalten?

    Die Klägerin, die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII bezieht, macht Kosten für die Anschaffung einer neuen Waschmaschine geltend. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben, da Ersatzbeschaffungen infolge des Verschleißes eines Haushaltsgeräts nicht als gesonderter Zuschuss zu erbringen, sondern aus dem Regelsatz anzusparen seien. Die Klägerin macht verfassungsrechtliche Einwände geltend. Die Kosten für sogenannte „weiße Ware“ seien im Rahmen der Ermittlung der Regelsätze nicht ausreichend berücksichtigt worden. Deshalb müssten die Vorschriften über die Leistungen für Wohnungserstausstattung verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass auch bei einer Neuanschaffung nach Verschleiß des Altgeräts ein Zuschuss zu gewähren sei.


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    G.Y. ./. Land Berlin

    Die Klägerin, die neben einer Rente Grundsicherungsleistungen vom Beklagten bezieht, war über mehrere Jahre nicht im Besitz einer eigenen Waschmaschine. Sie beantragte im Herbst 2015 erfolglos die Gewährung eines Zuschusses für ein Neugerät. Während des Berufungsverfahrens hat sie ein Gerät zum Preis von 299 Euro erworben und dafür teilweise vom Warenhaus ausgestellte Gutscheine eingelöst und macht noch einen Restbetrag von 99,90 Euro als Zuschuss geltend. Sozialgericht und Landessozialgericht haben die Klage abgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, es handele sich um eine Ersatzbeschaffung im Anschluss an den verschleißbedingten Verlust eines Haushaltsgeräts; für solche Anschaffungen sehe das Gesetz einen einmaligen Zuschuss nicht vor.


    Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie macht gegen das Ergebnis der Vorinstanzen vorrangig verfassungsrechtliche Einwände geltend, weil selbst der Bundesrat in dem Gesetzgebungsverfahren zu dem ab 1. Januar 2021 geltenden Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bedenken gegen die methodisch richtige Berücksichtigung von Verbrauchsausgaben für sogenannte "weiße Ware" im Rahmen der Regelbedarfe geäußert und einen Zuschuss für Anschaffungen als Einmalleistungen gefordert habe.


    Aus dem Urteil:


    Die Kosten für die Neuanschaffung auch größerer Haushaltsgeräte (sogenannte „weiße Ware“) nach einem Verschleiß des Altgeräts sind im Regelsatz des SGB XII enthalten. Es besteht kein Anspruch auf einen einmaligen Zuschuss gegen den Sozialhilfeträger. Dies hat der 8. Senat des Bundessozialgerichts am 19. Mai 2022 entschieden (B 8 SO 1/21 R).


    Die klagende Sozialhilfeempfängerin hatte ihre nicht mehr funktionstüchtige Waschmaschine entsorgt und erfolglos die Gewährung eines Zuschusses für ein Neugerät beantragt. Während des Berufungsverfahrens hat sie ein Neugerät zum Preis von 299 Euro erworben und dafür teilweise vom Warenhaus ausgestellte Gutscheine eingelöst. Den Restbetrag von 99,90 Euro hat sie gegenüber dem Sozialhilfeträger als Zuschuss verlangt. Die gegen die Ablehnung ihres Antrags gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.


    Das Bundessozialgericht hat diese Entscheidungen bestätigt. Die Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung von Haushaltsgeräten ist gesetzlich nur bei einer Erstausstattung vorgesehen. Im Fall der Ersatzbeschaffung sind hingegen aus dem Regelsatz Ansparungen vorzunehmen, ohne dass darin ein Verstoß gegen Verfassungsrecht zu sehen ist. Eine gegebenenfalls auftretende Bedarfsunterdeckung kann durch die Gewährung eines Darlehens vermieden werden. Bei der Ermittlung des Regelbedarfs sind die durchschnittlichen Ausgaben für Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspül- und Bügelmaschinen vollständig berücksichtigt worden. Die Darlehensregelung im SGB XII enthält Auslegungsspielräume für Härtefälle. Es wird eine am individuellen Existenzsicherungsbedarf ausgerichtete und grundrechtliche Belange des Hilfebedürftigen berücksichtigende Darlehensgewährung sichergestellt. Die Rückzahlung selbst und ihre Höhe werden in das pflichtgemäße Ermessen des Sozialhilfeträgers gestellt. Die Höhe der monatlichen Rückzahlung ist zudem auf 5% der Regelbedarfsstufe 1 - derzeit 22 Euro 45 Cent - gedeckelt.


    BSG-Urteil vom 19. Mai 2022; B 8 SO 1/21 R; BSG PM 18/2022 und BSG PM 19/2022


    Vorinstanzen:
    Sozialgericht Berlin S 212 SO 231/16 - 21.07.2017
    Landessozialgericht Berlin-Brandenburg L 15 SO 236/17 - 23.03.2021

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