Das Landessozialgericht hat das Urteil des Sozialgerichts geändert und die Beklagte verurteilt, die Kosten der Krankenhausbehandlung nur bis zum 19. März 2002 zu zahlen. Zur Begründung hat das Landessozialgericht ausgeführt, nach dem Ende der Entgiftungsphase sei tatsächlich noch Krankenhausbehandlung durchgeführt worden und diese auch medizinisch notwendig gewesen. Die Versicherte sei im Rahmen einer Gruppe von fünf Patienten mit ähnlichem Krankheitsbild behandelt worden, wobei die Behandlungsmaßnahmen von Ergotherapeuten, Sozialtherapeuten und Pflegepersonal unter ärztlicher Anleitung und Koordination durchgeführt worden seien. Die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit habe aber nur bis zu der Betreuerbestellung am 19. März 2002 bestanden. Vorher habe es der Gesundheitszustand der Versicherten nicht erlaubt, dass sie - ohne Gefahr eines Rückfalls - aus eigener Überlegung und eigenem Antrieb heraus ein verhältnismäßig selbstständiges Leben in ihrer häuslichen Umgebung hätte führen können. Ab dem 20. März 2002 hätte die medizinische Weiterbehandlung der Versicherten indes ambulant erfolgen können.
Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat durch Urteil vom 10. April 2008 - B 3 KR 19/05 R - auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil hinsichtlich der allein noch streitigen Zeit ab 20. März 2002 aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit an das Landessozialgericht zurückverwiesen, weil die bisher getroffenen Feststellungen nicht ausreichen, abschließend darüber zu entscheiden, ob der Vergütungsanspruch begründet ist.
1) Das Landessozialgericht hat lediglich festgestellt, dass bis Ende März 2002 eine Krankenhausbehandlung im Rechtssinne durchgeführt worden ist, zur Folgezeit aber nichts gesagt; diese Feststellungen sind nachzuholen. Es würde zB nicht ausreichen, wenn die Versicherte in dieser Zeit nur noch dauerhaft medikamentös versorgt worden wäre, sonstige ärztliche oder therapeutische Maßnahmen aber nicht mehr durchgeführt worden wären. Erforderlich ist insoweit eine Behandlung mit den typischen - besonderen - Mitteln eines Krankenhauses.
2) Wenn Krankenhausbehandlung im Rechtssinne stattgefunden hat, ist festzustellen, ob diese auch über den 19. März 2002 hinaus notwendig war. Dabei ist die Anknüpfung an den Zeitpunkt der Betreuerbestellung ungeeignet. Es kommt nur darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Versicherte aus medizinischer Sicht außerhalb des Krankenhauses hätte weiterbehandelt werden können. Organisatorische und administrative Fragen wie die Bestellung eines Betreuers oder die Bereitstellung eines Platzes in einer Wohneinrichtung spielen grundsätzlich keine Rolle. Ebenso hat außer Betracht zu bleiben, ob die Krankenkasse auf eine Versorgungsmöglichkeit außerhalb des Krankenhauses hingewiesen hat. Fehlt es an der medizinischen Notwendigkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung, müssen die Kosten entweder vom Versicherten selbst oder - bei Bedürftigkeit des Versicherten - vom Sozialhilfeträger übernommen werden.
3) Auch ein Psychiatrie-Patient hat Anspruch darauf, im Krankenhaus so medizinisch behandelt zu werden, dass - ggf nach einer Rehabilitationsmaßnahme - eine Rückkehr in die eigene Wohnung möglich wird. Nur wenn eine solche Möglichkeit ausscheidet, entfällt die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit schon dann, wenn er in einer Wohneinrichtung untergebracht und weiterbehandelt werden kann.
4) Bei einem Streit über die Notwendigkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung und/oder deren Dauer im Rahmen eines Abrechnungsverfahrens zwischen Krankenhaus und Krankenkasse hat das Gericht die an den medizinischen Sachverständigen gerichteten Beweisfragen so zu formulieren, dass die Begutachtung nicht aus nachträglicher Sicht erfolgt, sondern aus vorausschauender Sicht zum Zeitpunkt der Aufnahme des Versicherten in das Krankenhaus bzw zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Fortdauer einer stationären Behandlung. Dabei muss der Sachverständige von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes ausgehen.
Az.: B 3 KR 19/05 R F. S. ./. AOK Schleswig-Holstein
Quelle: PM 16/08 vom 10. April 2008 [@]