Sozialrecht B 2 U 9/21 R - Hepatitis B als Berufskrankheit bei Feuerwehrleuten anzuerkennen

  • Kann die Hepatitis B-Erkrankung eines Feuerwehrmanns als Berufskrankheit anerkannt werden?

    Die Hepatitis B-Erkrankung eines Feuerwehrmanns kann als Berufskrankheit anerkannt werden. Dies hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts am 22. Jun 2023 entschieden (Aktenzeichen B 2 U 9/21 R).


    Aus dem Fall:


    Der Kläger war Mitglied, Wehrführer und Bergretter der Freiwilligen Feuerwehr. Er verrichtete klassische Löschtätigkeiten, versorgte Verkehrsunfallverletzte und rettete Wanderer, Kletterer und Gleitschirmflieger aus unwegsamem Gelände.


    2017 erkrankte er an Hepatitis B. Während die Beklagte eine Berufskrankheit verneinte, hat das Sozialgericht eine Berufskrankheit nach Nummer 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung festgestellt. Dagegen hat das Landessozialgericht die Klage abgewiesen.


    Das Bundessozialgericht hat der Klage stattgegeben. Der Kläger war bei seiner Tätigkeit Infektionsgefahren besonders ausgesetzt, weil er dabei unvermeidbar Kontakt mit Blut und sonstigen Körperflüssigkeiten, insbesondere Schweiß, Erbrochenem und Tränenflüssigkeit hatte. Auf eine konkret nachgewiesene Infektionssituation oder eine bestimmte Anzahl von Einsätzen mit Kontakt zu verletzten Personen kommt es für die Anerkennung der Berufskrankheit Nummer 3101 nicht an.


    Entscheidung des BSG:


    Die Revision des Klägers war erfolgreich. Das Landessozialgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das zusprechende Urteil des Sozialgerichts zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung seiner Hepatitis B-Erkrankung als Berufskrankheit 3101.


    Der Kläger war durch seine Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr der Gefahr einer Infektion mit Hepatitis B in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt wie die im Gesundheitsdienst Tätigen.


    Bei den Tätigkeiten der Freiwilligen Feuerwehr (Retten, Löschen, Bergen und Schützen) besteht nach den Feststellungen der Vorinstanz ein Gesundheitsrisiko hinsichtlich der Kontamination mit Blut und anderen potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten und insoweit eine abstrakte Gefahrenlage. Die erforderliche besondere Infektionsgefahr ergibt sich zwar nicht schon aus einer erhöhten Durchseuchung des Umfeldes bei der Freiwilligen Feuerwehr. Sie ergibt sich aber aus der Übertragungsgefahr der konkret ausgeübten Tätigkeiten bei Einsätzen mit Personenkontakt und dem dabei im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich höheren Infektionsrisiko. Beim Bergen und Retten in den Bergen ist insoweit von einem ähnlich hohem oder sogar höherem Infektionsrisiko bezüglich des Hepatitis B-Virus auszugehen wie/als bei der Behandlung von Patienten im Krankenhaus. Hinsichtlich solcher Tätigkeiten im Gesundheitswesen ist eine Infektionsgefahr, die im besonderen Maß über der Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt, allgemein anerkannt.


    Auf eine konkret nachgewiesene Infektionssituation oder eine bestimmte Anzahl von Einsätzen mit Kontakt zu verletzten Personen kommt es für die Anerkennung der Berufskrankheit 3101 nicht an.


    Verfahrensgang:


    Sozialgericht Koblenz, S 15 U 194/19, 03.06.2020
    Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, L 2 U 117/20, 22.03.2021

    Bundessozialgericht, B 2 U 9/21 R, 22.06.2023; BSG PM 15/2023 und BSG PM 18/2023

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