Verwaltungsrecht 3 C 11.22 und 3 C 12.22 - Verkehrsverbote für sächsische Weine waren rechtswidrig

  • Das Inverkehrbringen von Wein, der Rückstände eines Pestizids enthielt, die den in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgelegten Höchstgehalt nicht überschritten, durfte bereits vor Änderung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB (des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs) durch das Gesetz vom 27. Juli 2021 (BGBl. I S. 3274) auch dann nicht verboten werden, wenn in Deutschland Pflanzenschutzmittel mit diesem Pestizid als Wirkstoff für den Weinbau nicht zugelassen waren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

    Mit Bescheiden vom 3. Juni 2016 ordnete der Beklagte für mehrere von der Klägerin hergestellte Weine Verkehrsverbote an, weil in den Weinen das Pestizid Dimethoat nachgewiesen war. Dimethoathaltige Pflanzenschutzmittel waren für den Weinbau in Deutschland nicht zugelassen. Der Dimethoatgehalt der Keltertrauben lag unter dem damals in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgelegten Rückstandshöchstgehalt von 0,02 mg/kg. Die Widersprüche der Klägerin und ihre Klagen vor dem Verwaltungsgericht Dresden hatten keinen Erfolg. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Berufungen mit Urteilen vom 27. Januar 2022 zurückgewiesen. Die Weine sind inzwischen vernichtet.


    Auf die Revisionen der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht die vorinstanzlichen Entscheidungen geändert und festgestellt, dass die Verkehrsverbote rechtswidrig waren. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 WeinG i.V.m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB ist es verboten, Keltertrauben für die Weinherstellung zu verwenden, in oder auf denen Rückstände eines Pflanzenschutzmittels vorhanden sind, das nicht zugelassen ist oder beim Weinbau nicht angewendet werden darf. Das galt nach § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB in der hier maßgeblichen alten Fassung nicht, soweit für die Mittel durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft Höchstmengen festgesetzt waren. Der Höchstgehalt für Dimethoat war nicht in der vom Bundesministerium erlassenen Rückstandshöchstmengen-Verordnung festgesetzt, sondern in der VO (EG) Nr. 396/2005. Das stand der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. - anders als das Oberverwaltungsgericht angenommen hat - nicht entgegen. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich, dass der Bundesgesetzgeber bei der in § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB getroffenen Regelung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 einbeziehen wollte. Vor deren Inkrafttreten waren Rückstandshöchstgehalte in einer Richtlinie festgelegt, die durch die Rückstandshöchstmengen-Verordnung in nationales Recht umgesetzt wurde. Nach Inkrafttreten der EG-Verordnung bedurften die dort festgelegten Höchstgehalte nicht mehr der Umsetzung durch die Rückstandshöchstmengen-Verordnung; sie galten unmittelbar. Die VO (EG) Nr. 396/2005 ist damit an die Stelle der Rückstandshöchstmengen-Verordnung getreten. Durch Gesetz vom 27. Juli 2021 hat der Gesetzgeber dies in § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB klargestellt.


    BVerwG 3 C 11.22 - Urteil vom 14. September 2023 - BVerwG PM 68/2023

    Vorinstanzen:

    OVG Bautzen, OVG 3 A 1196/19 - Urteil vom 27. Januar 2022 -

    VG Dresden, VG 6 K 3330/16 - Urteil vom 11. September 2019 -


    BVerwG 3 C 12.22 - Urteil vom 14. September 2023

    Vorinstanzen:

    OVG Bautzen, OVG 3 A 1197/19 - Urteil vom 27. Januar 2022 -

    VG Dresden, VG 6 K 1096/17 - Urteil vom 11. September 2019 -

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