B 2 U 4/21 R - Sturz beim Weg vom Bett ins Homeoffice - gesetzlich unfallversichert?

  • Ein Beschäftigter, der auf dem morgendlichen erstmaligen Weg vom Bett ins Homeoffice stürzt, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.

    Die Revision des Klägers war erfolgreich. Der Kläger hat einen Arbeitsunfall erlitten, als er auf dem morgendlichen Weg von seinen privaten Wohnräumen in sein häusliches Büro (Homeoffice) beim Beschreiten einer Treppe stürzte und sich an der Wirbelsäule verletzte. Der Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme war danach als Betriebsweg versichert.


    Ausnahmsweise ist ein Betriebsweg auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn sich Wohnung und Arbeitsstätte im selben Gebäude befinden (Urteil vom 5.7.2016 - B 2 U 5/15 R). Ob ein Weg als Betriebsweg im unmittelbaren Unternehmensinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich auch im Homeoffice nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (Urteil vom 31.8.2017 - B 2 U 9/16 R).


    Nach den bindenden Feststellungen des LSG diente das Beschreiten der Treppe allein der Arbeitsaufnahme des Klägers im häuslichen Büro (Homeoffice) in der dritten Etage seiner Wohnung.


    Aus dem Fall:


    Der Kläger ist Gebietsverkaufsleiter im Außendienst der R-GmbH. Am 17.9.2018 befand er sich auf dem Weg zur erstmaligen Arbeitsaufnahme von seinem Schlafzimmer in das eine Etage tiefer gelegene häusliche Büro (Homeoffice). Üblicherweise beginnt er dort unmittelbar zu arbeiten, ohne vorher zu frühstücken. Beim Beschreiten der die Räume verbindenden Wendeltreppe rutschte er aus und brach sich einen Brustwirbel. Die beklagte BG lehnte Leistungen aus Anlass des Unfalls ab. Der Unfallversicherungsschutz beginne in einer Privatwohnung auf dem Weg zum Zwecke der erstmaligen Arbeitsaufnahme erst mit Erreichen des häuslichen Arbeitszimmers. Die Klage auf Feststellung eines Arbeitsunfalls war vor dem LSG anders als vor dem SG ohne Erfolg. Der erstmalige morgendliche Weg ins Homeoffice sei kein Betriebsweg, sondern eine unversicherte Vorbereitungshandlung, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit nur vorausgehe.


    Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des materiellen Rechts (§ 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII). Nicht zuletzt in Anbetracht der aktuellen Pandemielage arbeiteten viele Menschen von zu Hause aus. Diese dürften hinsichtlich des Schutzes der gesetzlichen Unfallversicherung nicht schlechter stehen als die Arbeitnehmer im Betrieb. Es müsse sich deshalb beim Weg zur erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit im Homeoffice in der Privatwohnung um einen versicherten Betriebsweg handeln.


    BSG-Urteil vom 08. Dez 2021; BSG PM 37/2021


    Vorinstanzen:

    Sozialgericht Aachen - S 6 U 5/19, 14.06.2019

    Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 17 U 487/19, 09.11.2020

    L.B. ./. BG Handel und Warenlogistik

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