Arbeitsrecht 9 AZR 36/07 - Teilzeitanspruch und tarifliche Härtefallregelung

  • Wird dadurch der Betriebsablauf erheblich gestört, kann der Arbeitgeber ablehnen.

    Arbeitnehmer haben nach § 8 TzBfG Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn die gewünschte Verringerung zu erheblichen Störungen tariflicher Arbeitszeitmodelle führt. Eine solche Beeinträchtigung kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer, der den Teilzeitwunsch äußert, oder andere Arbeitnehmer nicht mit ihrer gesamten Arbeitszeit eingesetzt werden können. Die Störung ist schon deshalb erheblich, weil Ansprüche aus Annahmeverzug entstehen können und der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht in vollem Umfang nachkommen kann.


    Die Klägerin ist Flugbegleiterin bei einem Luftfahrtunternehmen. Sie wurde in einem bestimmten tariflichen Teilzeitmodell mit 46,67 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft eingesetzt. Mit dieser Arbeitszeit konnte sie nach den Flugplänen nur mit einem vollen Flugumlauf (Einsatz vom Abflug bis zum Rückflug) pro Monat beschäftigt werden. Einen weiteren Flugumlauf konnte sie frühestens vor Übergang in den nächsten Monat antreten. Die Tarifvertragsparteien lösten dieses Modell im Jahr 2005 ab und sahen stattdessen zuletzt einen Arbeitszeitanteil von 51,09 % vor. Das neue Teilzeitmodell lässt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwei volle Flugumläufe während des laufenden Monats zu. Die tarifliche Neuregelung bestimmt, dass betroffene Teilzeitbeschäftigte ihr bisheriges Teilzeitmodell (ursprünglich 46,67 % und später 45,85 %) in begründeten Ausnahmefällen - z.B. bei Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger - beibehalten können. Die Tarifvertragsparteien gingen davon aus, dass entsprechende Gründe bei nicht mehr als 10 % der Altverträge zum Tragen kommen würden. Diese Zehnprozentquote schöpfte die Beklagte nicht aus.


    Die Klägerin verlangt die Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 45,85 %. Das Landesarbeitsgericht hat einen in der Person der Klägerin begründeten Ausnahmefall i. S. d. Tarifvertrags rechtskräftig verneint. Dem Verringerungsantrag der Klägerin nach § 8 TzBfG hat das Berufungsgericht dagegen stattgegeben. Der Neunte Senat hat das Urteil des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich des Verringerungsantrags aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, ob Arbeitnehmer auf Grund der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit nicht in vollem Umfang tarif- und vertragsgerecht eingesetzt werden können. Die unterbliebene Ausschöpfung der tariflichen Zehnprozentquote ist ein bloßes Indiz für die fehlende wesentliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange. Dieses Indiz kann der Arbeitgeber mit dem Vortrag negativer Folgen entkräften.


    Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. November 2007 - 9 AZR 36/07

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