Arbeitsrecht 3 Ca 1482/10 - Keine Kündigung bei Unterschlagung eines für die Biotonne vorgesehenen Brotes

  • Eine arbeitsrechtliche Abmahnung hätte zuvor erfolgen müssen.

    In einer Entscheidung vom 10. September 2010 hat sich das Arbeitsgericht Leipzig (Aktenzeichen 3 Ca 1482/10) mit einer außerordentlichen, hilfsweiseordentlichen Kündigung einer Verkäuferin bei der Konsumgenossenschaft Leipzig wegen Unterschlagung eines für die Entsorgung vorgesehenen Brotes zu befassen. Das Arbeitsgericht Leipzig hielt diese Kündigung sowohl außerordentliche als auch ordentlich für unwirksam.


    Die 44jährige Klägerin ist seit zirka 27 Jahren bei der Konsumgenossenschaft Leipzig, zuletzt als Kassiererin beschäftigt. Am 15. März 2010 hatte sie unter anderem die Aufgabe, ein nicht mehr verkäufliches Brot in die Biotonne zu entsorgen. Beim Verlassen der Arbeitsstätte und Zuschließen der Verkaufsstelle wurde das Brot in der Tasche der Klägerin vom Arbeitgeber entdeckt. Streitig ist dabei zwischen den Parteien, ob die Klägerin das Brot mitnehmen und für sich selbst verwenden, oder – nach ihrer Darstellung – später in der Biotonne entsorgen wollte.


    Nach Auffassung der erkennenden Kammer kommt es hierauf jedoch nicht an, da selbst für den Fall, dass das Brot für die Mitnahme bestimmt gewesen sein sollte, jedenfalls das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nicht so beeinträchtigt ist, dass diese künftig nicht mehr vernünftig miteinander arbeiten könnten. Das Gericht berücksichtigte dabei die erhebliche Dauer des beanstandungsfreien Bestandes des Arbeitsverhältnisses (ohne Abmahnung oder dergleichen) und darüber hinaus die Tatsache, dass das Brot zur Entsorgung vorgesehen war und damit – anders als in sogenannten Bagatellfällen, wo es um Eigentumsdelikte zu Lasten des Arbeitgebers geht – keinerlei Wert mehr für den beklagten Arbeitgeber hatte.


    Das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers kann daher mangels konkreter Beeinträchtigung des Eigentums des Arbeitgebers nicht so erschüttert sein, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar wäre. Dabei ist auch der Grundsatz zu beachten, dass die Kündigung nicht Bestrafung für begangene Handlungen sein soll, sondern zukunftsbezogen zu bewerten ist, dass heißt, es bedarf einer negativen Prognose hinsichtlich der künftigen Zumutbarkeit der weiteren Zusammenarbeit. Da sich die Klägerin hier durch die jahrelange beanstandungsfreie Tätigkeit einen nicht unerheblichen Vertrauensvorschuss erarbeitet hat, hätte es in jedem Fall – sofern der Arbeitgeber auch die Mitnahme von für ihn völlig wertlosen Gegenständen untersagen will – des Ausspruchs eines vorherigen Abmahnung bedurft.


    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (ArbG Leipzig PM 03/2010)

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