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Kartellrecht EnVR 1/24 - BGH billigt Baukostenzuschuss für Batteriespeicher

  • sophme
  • 4. November 2025 um 12:22
  • 4. November 2025 um 12:27
  • 30 mal gelesen
  • juristi.kon Fachbegriff
  • einfach erklärt
  • Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Bundesnetzagentur nicht verpflichtet ist, dem Betreiber eines örtlichen Elektrizitätsverteilernetzes die Erhebung eines Baukostenzuschusses nach dem Leistungspreismodell für den Netzanschluss eines Batteriespeichers zu untersagen.

    Sachverhalt:

    Die Antragstellerin betreibt bundesweit Batteriespeicher. Die weitere Beteiligte ist Betreiberin eines Elektrizitätsverteilernetzes. Im Mai 2021 begehrte die Antragstellerin von der weiteren Beteiligten den Netzanschluss eines Batteriespeichers mit einer maximalen Lade- und Entladeleistung von 1.725 Kilowatt und einer Speicherkapazität von 3.450 Kilowattstunden. Der Batteriespeicher sollte als rein netzgekoppelter Speicher errichtet und betrieben werden. Ein Verbrauch der zwischengespeicherten Energie vor Ort war nicht beabsichtigt. Die weitere Beteiligte wies der Antragstellerin einen Netzverknüpfungspunkt zu und verlangte die Zahlung eines Baukostenzuschusses. Dessen Höhe berechnete sie auf der Grundlage des Positionspapiers der Bundesnetzagentur zur Erhebung von Baukostenzuschüssen im Bereich von Netzebenen oberhalb der Niederspannung 2009 (BK6p-06-003) nach dem sogenannten Leistungspreismodell. Mit Antrag vom 20. Juni 2022 forderte die Antragstellerin die Bundesnetzagentur auf, der weiteren Beteiligten gemäß § 31 EnWG die Geltendmachung eines Baukostenzuschusses dem Grunde nach und hilfsweise in der errechneten Höhe zu untersagen. Die Bundesnetzagentur wies den Antrag mit Beschluss vom 6. Dezember 2022 zurück. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 20. Dezember 2023 den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben und sie verpflichtet, über den Antrag erneut zu entscheiden. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Bundesnetzagentur gegen diese Beurteilung.

    Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

    Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

    Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Erhebung eines nach dem Leistungspreismodell ermittelten Baukostenzuschusses für rein netzgekoppelte Batteriespeicher im Sinn des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnWG diskriminierend ist. Zwar unterscheiden sich Batteriespeicher von anderen Letztverbrauchern dadurch, dass sie den aus dem Verteilernetz entnommenen Strom nicht verbrauchen, sondern zeitversetzt wieder einspeisen. Der nach dem örtlichen Leistungspreis berechnete Baukostenzuschuss wirkt bei Batteriespeichern stärker standortsteuernd als bei anderen Letztverbrauchern. Zudem können Batteriespeicher auch netzdienliche Wirkungen haben, weil sie bei (drohenden) Netzengpässen bedarfsgerecht Strom speichern oder ins Netz einspeisen können. Die Gleichbehandlung von netzgekoppelten Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern ist jedoch nach dem Sinn und Zweck des Baukostenzuschusses gleichwohl objektiv gerechtfertigt. Dem anschlussverpflichteten Netzbetreiber kommt insoweit ein Entscheidungsspielraum zu. Entscheidet er sich, Baukostenzuschüsse nach Maßgabe des Positionspapiers 2009 der Bundesnetzagentur zu verlangen, kommt es darauf an, ob die Vorgaben der Bundesnetzagentur ihrerseits mit dem Diskriminierungsverbot des § 17 Abs. 1 EnWG in Einklang stehen.

    Die Bundesnetzagentur durfte davon ausgehen, dass die Erhebung des Baukostenzuschusses nach dem Leistungspreismodell trotz der festgestellten Unterschiede zwischen Batteriespeichern und anderen Letztverbrauchern in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen steht. Der Baukostenzuschuss nach dem Leistungspreismodell erfüllt nach seinem Sinn und Zweck eine Lenkungs- und Steuerungsfunktion, weil der Anschluss umso teurer wird, je höher der Leistungsbedarf ist. Der Anschlussnehmer soll angehalten werden, den Netzanschluss seinem tatsächlichen Leistungsbedarf entsprechend zu beantragen, um eine Überdimensionierung des Verteilernetzes und damit einhergehende Netzausbaukosten, die alle Netznutzer tragen müssen, zu vermeiden. Der Baukostenzuschuss soll außerdem zur Finanzierung des Verteilernetzes beitragen. Beides gilt auch für netzgekoppelte Batteriespeicher, soweit sie das Netz durch Entnahmen nutzen. Der Netzanschluss ist wie bei anderen Letztverbrauchern der angefragten Entnahmekapazität entsprechend zu dimensionieren; die Einspeisefunktion hat darauf keinen Einfluss.

    Der Zweck des Baukostenzuschusses wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Batteriespeicher auch netzdienliche Wirkungen haben können. Die Ansiedlung von Batteriespeichern kommt, selbst wenn sie das Gesamtnetz entlasten können, nicht stets dem lokalen Anschlussnetz zu Gute, für das der Baukostenzuschuss verlangt wird. Dass die Antragstellerin vorliegend bereit war, mit ihrem Batteriespeicher netzentlastende Maßnahmen zu ergreifen, ist nicht maßgeblich. Nur der Netzbetreiber kann beurteilen, ob und unter welchen Voraussetzungen der netzdienliche Betrieb von Batteriespeichern im örtlichen Verteilernetz zur Verhinderung von Netzausbaumaßnahmen führen kann. Es unterliegt daher seinem Entscheidungsspielraum, ob bei der Erhebung von Baukostenzuschüssen transparente und diskriminierungsfreie, mithin notwendig für alle Netzanschlusspetenten geltende, generalisierende Anreize für die Ansiedlung von Batteriespeichern gesetzt werden sollen.

    Entgegen dem Beschwerdegericht ergibt sich die Unzulässigkeit des Baukostenzuschusses für Batteriespeicher nicht aus einer Gesamtbetrachtung unionsrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit der Energiespeicherung. Zwar sind in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 und in der Elektrizitätsbinnenmarktverordnung (EU) 2019/943 vom 5. Juni 2019 verschiedene Regelungen zur Energiespeicherung enthalten, die den Anschluss neuer Energiespeicheranlagen erleichtern sollen. Dabei handelt es sich aber um allgemeine Zielbestimmungen, die einen Umsetzungsspielraum belassen und in einem Spannungsverhältnis mit anderen Zielen stehen, wie etwa dem Ziel, Haushaltskunden mit den Kosten für die Stromversorgung nicht unverhältnismäßig zu belasten. Aus den Vorschriften des Unionsrechts lässt sich daher nicht unmittelbar ableiten, dass für den Netzanschluss von Speicheranlagen keine Baukostenzuschüsse erhoben werden dürfen, zumal der Gesetzgeber diese sowohl durch ihre Freistellung von Netzentgelten als auch steuerlich bereits in vielfacher Hinsicht privilegiert und fördert. Würde man Batteriespeicher darüber hinaus auch von Baukostenzuschüssen freistellen oder diese rabattieren, müssten die Anschlusskosten auf die Netzentgelte umgelegt und damit von der Gemeinschaft der Letztverbraucher getragen werden, während die wirtschaftliche Nutzung der Speicher, etwa durch Ausnutzung der Preisschwankungen auf den Spotmärkten (Spreads), allein dem Betreiber der Speicheranlage zugutekäme.

    BGH-Beschluss vom 15. Juli 2025 - EnVR 1/24 - BGH PM 129/2025

    Vorinstanz:

    OLG Düsseldorf - Beschluss vom 20. Dezember 2023 - VI-3 Kart 183/23 [V]

    • BGH
    • Kartellrecht
    • Baukostenzuschuss
    • Batteriespeicher

Der Kartellsenat vom Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Bundesnetzagentur nicht dazu verpflichtet ist, dem Betreiber eines lokalen Stromnetzes zu verbieten, einen Baukostenzuschuss für den Anschluss eines Batteriespeichers zu verlangen.

Worum geht's?

Die Antragstellerin betreibt in Deutschland Batteriespeicher. Die andere Partei ist für ein Elektrizitätsverteilernetz zuständig. Im Mai 2021 wollte die Antragstellerin ihren Batteriespeicher mit einer maximalen Lade- und Entladeleistung von 1.725 Kilowatt und einer Speicherkapazität von 3.450 Kilowattstunden anschließen lassen. Der Speicher sollte nur mit dem Netz verbunden sein und die zwischengespeicherte Energie sollte nicht vor Ort verbraucht werden. Der Netzbetreiber hat der Antragstellerin einen Punkt für den Netzanschluss zugewiesen und verlangte die Zahlung eines Baukostenzuschusses, basierend auf einem Positionspapier der Bundesnetzagentur aus 2009. Am 20. Juni 2022 hat die Antragstellerin die Bundesnetzagentur gebeten, den Baukostenzuschuss zu untersagen. Die Bundesnetzagentur hat den Antrag am 6. Dezember 2022 abgelehnt. Daraufhin hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und das Beschwerdegericht hat am 20. Dezember 2023 entschieden, dass die Bundesnetzagentur ihren Antrag neu prüfen muss. Mit einer von dem Gericht zugelassenen Rechtsbeschwerde hat sich die Bundesnetzagentur gegen diese Entscheidung gewandt.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

Das Beschwerdegericht hat fälschlicherweise angenommen, dass der Baukostenzuschuss für netzgekoppelte Batteriespeicher diskriminierend ist. Klar, Batteriespeicher sind anders als andere Verbraucher, weil sie den Strom nicht direkt nutzen, sondern später wieder ins Netz einspeisen. Aber der Baukostenzuschuss wirkt sich bei Batteriespeichern stärker auf den Standort aus als bei anderen Verbrauchern. Außerdem können Batteriespeicher dem Netz helfen, weil sie bei drohenden Engpässen Strom speichern oder einspeisen können. Trotzdem ist die Gleichbehandlung von netzgekoppelten Batteriespeichern und anderen Verbrauchern nach dem Sinn des Baukostenzuschusses gerechtfertigt. Der Netzbetreiber hat hier einen gewissen Spielraum, und wenn er sich entscheidet, Baukostenzuschüsse nach dem Positionspapier von 2009 zu verlangen, hängt es davon ab, ob das mit dem Diskriminierungsverbot im Einklang steht.

Die Bundesnetzagentur durfte annehmen, dass der Baukostenzuschuss nach dem Leistungspreismodell in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen steht, die damit verfolgt werden. Der Baukostenzuschuss hat eine Steuerungsfunktion, weil der Anschluss teurer wird, je höher der Leistungsbedarf ist. Das soll die Anschlussnehmer dazu bringen, den Netzanschluss entsprechend ihrem tatsächlichen Bedarf zu beantragen, um zu vermeiden, dass das Netz überdimensioniert wird und alle Nutzer dafür zahlen müssen. Der Zuschuss soll auch zur Finanzierung des Verteilernetzes beitragen. Das gilt auch für netzgekoppelte Batteriespeicher, solange sie das Netz nutzen. Der Anschluss muss wie bei anderen Verbrauchern entsprechend der angefragten Kapazität dimensioniert werden; die Einspeisefunktion hat darauf keinen Einfluss.

Der Zweck des Baukostenzuschusses wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass Batteriespeicher netzdienlich sein können. Selbst wenn sie das Netz entlasten, kommt das nicht immer dem lokalen Anschlussnetz zugute, für das der Zuschuss verlangt wird. Dass die Antragstellerin bereit war, mit ihrem Batteriespeicher netzentlastende Maßnahmen zu ergreifen, ist nicht entscheidend. Nur der Netzbetreiber kann beurteilen, ob und unter welchen Bedingungen der Betrieb von Batteriespeichern im lokalen Netz helfen kann, Netzausbau zu vermeiden. Deshalb hat er die Entscheidung, ob bei der Erhebung von Baukostenzuschüssen faire und transparente Anreize für die Ansiedlung von Batteriespeichern gesetzt werden sollen.

Im Gegensatz zum Beschwerdegericht ergibt sich die Unzulässigkeit des Baukostenzuschusses für Batteriespeicher nicht aus einer Gesamtbetrachtung der EU-Vorschriften zur Energiespeicherung. Zwar gibt es in den EU-Richtlinien verschiedene Regelungen, die den Anschluss neuer Energiespeicher erleichtern sollen, aber das sind allgemeine Zielvorgaben, die Spielraum lassen und im Spannungsverhältnis zu anderen Zielen stehen, wie etwa der Vermeidung übermäßiger Kosten für Haushaltskunden. Aus den EU-Vorschriften kann man also nicht direkt ableiten, dass für den Netzanschluss von Speicheranlagen keine Baukostenzuschüsse erhoben werden dürfen. Wenn man Batteriespeicher von den Zuschüssen befreien oder diese rabattieren würde, müssten die Kosten auf die Netzentgelte umgelegt werden, was die anderen Verbraucher zahlen müssten, während die Betreiber der Speicheranlagen davon profitieren würden.

BGH-Beschluss vom 15. Juli 2025 - EnVR 1/24 - BGH PM 129/2025

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