Im Juli 2020 meldete Spanien bei der Europäischen Kommission eine Beihilferegelung zur Einrichtung eines Fonds zur Stützung der Zahlungsfähigkeit an. Begünstigte waren strategisch bedeutende spanische Unternehmen (nicht aus der Finanzbranche), die sich aufgrund der Covid-19-Pandemie vorübergehend in Schwierigkeiten befanden. Die Regelung sah den Erlass verschiedener Rekapitalisierungsmaßnahmen vor. Sie sollte die beträchtlichen Störungen im spanischen Wirtschaftsleben in seiner Gesamtheit, seiner Vielfalt und im Hinblick auf die Perspektive einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beheben. Das vom Staat finanzierte Budget wurde bis zum 30. Juni 2021 auf 10 Mrd. Euro festgesetzt.
Mit Beschluss vom 31. Juli 2020 erklärte die Kommission die angemeldete Regelung für mit dem Binnenmarkt vereinbar.
Die irische Fluggesellschaft Ryanair erhob beim Gericht der Europäischen Union Klage gegen den Beschluss der Kommission. Diese Klage wurde mit Urteil vom 19. Mai 2021 abgewiesen.1 Ryanair hat beim Gerichtshof Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts eingelegt.
Der Gerichtshof weist das Rechtsmittel von Ryanair zurück.
Er bestätigt die Analyse des Gerichts, wonach die in Rede stehende Beihilferegelung nicht gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verstößt und verhältnismäßig ist. Das Unionsrecht lässt nämlich eine unterschiedliche Behandlung von Unternehmen bei Beihilfen zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats zu.
Derartige Beihilfen haben beschränkende Wirkungen, die ebenfalls akzeptiert werden. Ryanair ist es nicht gelungen nachzuweisen, dass die spanische Beihilferegelung beschränkende Wirkungen hat, die über diejenigen hinausgehen, die dieser Art von Beihilfe inhärent sind, und dass diese Regelung somit eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit darstellt.
Nach Auffassung des Gerichtshofs hat das Gericht zutreffend festgestellt, dass die Kommission nicht verpflichtet war, die positiven Auswirkungen der in Rede stehenden Beihilferegelung gegen ihre negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs abzuwägen. Der Ausnahmecharakter und das besondere Gewicht der mit dieser Regelung verfolgten Ziele lassen die Annahme zu, dass zwischen ihren positiven und ihren negativen Auswirkungen auf den Binnenmarkt ein angemessenes Gleichgewicht gewährleistet ist, so dass es dem gemeinsamen Interesse der Union entspricht.
EuGH-Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-441/21 P | Ryanair / Kommission | 06. Jun 2024 | EuGH PM 94/2024
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1 Urteil vom 19 Mai 2021, T-628/20 Ryanair DAC/Kommission (Spanien – COVID-19) (vgl. auch die EuGH PM 83/2021).